Berufsbeschreibung in der Berufsunfähigkeitsversicherung

02.04.2019Berufsunfähigkeit

Viele Betroffene wissen nicht, dass für Ansprüche auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente nicht nur der Nachweis der eingetretenen Berufsunfähigkeit maßgeblich ist.

Sehr viel wichtiger ist der Nachweis darüber, weshalb aufgrund der Erkrankung die berufliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann.

Eine Beschreibung seines Arbeitsalltags zu erstellen, hört sich zunächst nicht sehr schwierig an. In vielen Gerichtsverfahren jedoch sind Klagen der Versicherungsnehmer daran gescheitert, dass hier nicht genau genug vorgetragen wurde.

In einem Fall, der vor dem OLG Dresden verhandelt wurde (OLG Dresden, Urteil vom 27.06.2017 4 U 1772/16), werden die Anforderungen an eine solche Berufsbeschreibung gut verdeutlicht.

Entscheidend ist die exakte Beschreibung des Berufsbilds 

Nicht nur für ein Gerichtsverfahren ist es wichtig die im Rahmen der Berufsausübung ausgeführten Tätigkeiten genau beschreiben zu können. Maßgeblich ist vor allem, weshalb Sie aufgrund Ihrer Erkrankung Ihre berufliche Tätigkeit oder Teilbereiche Ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr ausüben können.

Selbstverständlich gibt es Fälle, in den die Versicherer einen Antrag auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung auch ohne weitere Überprüfung anerkennen. Schwerwiegende Erkrankungen, wie beispielsweise ein Schlaganfall und die daraus resultierenden Folgeerkrankungen sind ausreichend durch ärztliche Atteste zu belegen.

In den meisten Fällen wird der Versicherer den Antrag auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung jedoch nicht ohne weitere Nachweise anerkennen.

Wichtig ist, dass auch für einen außenstehenden Dritten ersichtlich wird, weshalb der Betroffene seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann.

Wer hier äußerst präzise, mithilfe der ärztlichen Atteste seine Erkrankung und die damit einhergehenden Funktionseinschränkungen belegen kann, hat wesentlich bessere Erfolgsaussichten ohne große Komplikationen zu seiner Berufsunfähigkeitsrente zu kommen.

Oftmals gibt der Versicherer jedoch ein eigenes medizinisches Gutachten in Auftrag.

OLG Dresden: bei einer Hausfrau reicht eine stichwortartige Beschreibung der Tätigkeiten

Im Urteil vom 27.06.2017 zum Aktenzeichen 4 U 1772/16 hat das OLG Dresden zugunsten der Klägerin entschieden, die Ihre täglich ausgeführten Arbeiten nur stichwortartig beschrieben hatte. Die Klägerin war zuletzt als Hausfrau tätig, somit war diese Tätigkeit versichert.

In der ersten Instanz hatte das LG Dresden die Beschreibung der Klägerin als nicht ausreichend erachtet und die Klage abgewiesen.

Dabei hatte sich das Landgericht auf eine etwas ältere Entscheidung des OLG Dresden vom 31.05.2016 (Aktenzeichen 4 U 980/14) berufen.

Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt war jedoch nicht auf die Angelegenheit der Hausfrau anwendbar. Der Kläger in diesem älteren Fall war Einzelunternehmer und organisierte kulturelle Großveranstaltungen. Da es sich hier um eine sehr wechselhafte Tätigkeit und kein allgemein bekanntes Berufsbild handelt, stellte das OLG Dresden sehr hohe Anforderungen an die Berufsbeschreibung des Klägers. Stichwortartige Beschreibungen der Tätigkeit wie z.B. „Brainstorming“ oder „Bürotätigkeit“ waren dem OLG hier zu ungenau.

Im Fall der Hausfrau hatte das OLG Dresden eine stichwortartige Beschreibung wie „Kinder wecken, waschen, Zähne putzen, anziehen und Frühstück für Kinder zubereiten“ oder „Wäsche waschen, Essen kochen, einkaufen, Kind vom Kindergarten abholen“ als ausreichend erachtet, da jeder Mensch sich dabei die ausgeübte Tätigkeit unschwer vorstellen könne, da auch jeder Mensch in mehr oder weniger großem Umfang Haushaltstätigkeiten verrichte.

Die Klägerin hatte ihre Tätigkeit in einer tabellarischen Auflistung nachvollziehbar beschrieben. Dabei hatte sie auch dargelegt, welche Tätigkeiten sie aufgrund des Dauerschmerzes mit intensiven Attacken, plötzlich auftretendem Kraftverlust sowie der Gleichgewichtsstörung nicht mehr ausüben konnte. Dazu gehörten z. B. Fenster putzen, Gardinen aufhängen, Heben und Tragen von schweren Gegenständen, Tätigkeiten in tiefer Rumpfbeuge und Hockposition. Die Klägerin gab an, sie sei deswegen seit September 2011 berufsunfähig.

Fazit auch aus diesem Urteil: präzise, präziser, am präzisesten beschreiben!

Auch wenn in diesem Fall das OLG Dresden der Klägerin recht gegeben hat, je präziser die Berufsbeschreibung, desto besser ist für Außenstehende nachvollziehbar weshalb Sie im Falle einer Berufsunfähigkeit Ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben können.

Eine detailgetreue Darstellung des Berufsbildes kann Ihnen schon im Vorfeld zum gewünschten Erfolg verhelfen. Insbesondere dann, wenn Sie Leistungen aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung beantragt haben und der Versicherer ein Gutachten in Auftrag geben möchte.

Steht ein medizinisches Gutachten an, sollten Sie in der Lage sein Ihre Erkrankung möglichst genau zu beschreiben und durch ärztliche Atteste und Befunde zu belegen. Weiterhin empfiehlt es sich einen genauen Stundenplan, über die von Ihnen zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit zu erstellen, sodass auch für den Gutachter ersichtlich wird, weshalb Sie diese Tätigkeit nicht mehr ausführen können. Im Zweifelsfall sollten Sie detailgetreu und minutengenau die einzelnen Tätigkeiten beschreiben.

Nachfolgend als Beispiel aus einem anderen Gerichtsverfahren eine präzise Arbeitsbeschreibung eines Kfz-Meisters:

Freitag

Abfahrt zu Hause um 4.15 Uhr, um 4.30 Uhr Abfahrt am Bahnhof

Ankunft bei Arbeitsstelle um 6.20 Uhr

6.20-7.00 Uhr Vorbereitung, Öffnen der Türen, PC, Kaffee etc.

7.00 Uhr

  • Telefonat mit Kunden
  • Telefonat mit Mitarbeiter wegen Krankmeldung

7.10 Uhr

  • Annahme einer Inspektion mit Fehlersuche an der E-Anlage
  • Fzg. zur Fehlersuche und Vorabcheck auf Hebebühne verbracht
  • Check der E-Anlage und feststellen der Fehlfunktion
  • Eröffnung des Werkstattauftrags, Weiterleitung und Einweisung des Monteurs

7.50 Uhr

  • Abnahme einer Abgasuntersuchung und Vorbereitung zur Hauptuntersuchung
  • beim Durchführen der AU wurde ein Fehler an der Abgasanlage festgestellt
  • telefonische Auftragserweiterung eingeholt
  • Fehlersuche durchgeführt, dazu Fzg. auf Hebebühne
  • Auspuffanlage geprüft und Leckage lokalisiert (Überkopfarbeit)
  • Kosten im Teiledienst und mit Kunden abgesprochen, Teilebestellung ausgelöst

9.30 Uhr Telefonat mit Garantieabteilung des Herstellers

9.40 Uhr Frühstück

9.55 Uhr

  • Endkontrolle einer Reparatur, Prüfung aller Flüssigkeiten, Probefahrt
  • Rechnungslegung und Ablage
  • Telefonat mit Kunden
  • Absprache mit Monteur

10.20 Uhr

  • Wechseln einer Scheinwerferlampe, dazu: Fzg. in der Werkstatt auf Hebebühne aufgebockt
  • Radhausverkleidung VL a/e,
  • Scheinwerferlampe aus Teiledienst besorgt und ersetzt
  • Scheinwerfer eingestellt
  • Rechnungslegung, Kassierung

11.10 Uhr

  • Kunde kommt mit schlecht laufendem Motor auf den Hof
  • Fzg. Mit Kunden auf dem Hof besichtigt
  • Motorhaube geöffnet, Motorabdeckung a/e, Sichtprüfung
  • Kosten und Teileverfügbarkeit geklärt
  • 2 Zündkabel ersetzt, Probelauf durchgeführt
  • Fehlerspeicher mit Tester gelöscht
  • Rechnungslegung

12.30 Uhr Mittagspause

13.00 Uhr

  • Fahrzeug mit Monteur besichtigt und Problemlösung erläutert

13.15 Uhr

  • Montage eines neuen Autoradios am Kundenfahrzeug
  • Spezialwerkzeug und Adapterkabel besorgt und Kabelbelegung modifiziert
  • Senderprogrammierung und Probelauf
  • Rechnungslegung

13.40 Uhr

  • Fehlersuche an E-Anlage mit Testgerät dazu: div. Verkleidungen und Sicherungskasten freigelegt
  • Strom/Spannungsmessungen It. Fehlersuchplan an Verkabelung durchgeführt
  • Fehler lokalisiert, im Teiledienst Ersatzteile heraus gesucht und Kosten ermittelt
  • Kalkulation erstellt und Info an Kunden
  • Telefonat mit Kunden und Teiledienst

15.20

  • Probefahrt und Endkontrolle am Fzg.
  • Auftragsbearbeitung, Rechnungslegung und Ablage

15.50 Uhr

  • Achsvermessung nach Unfallreparatur
  • Fzg. auf Messbühne abgesetzt, Messköpfe an allen 4 Rädern montiert
  • Kalibrierung und Einmessen der Fahrzeuggeometrie
  • Korrektur der Vorspur und Sturz der Vorderräder
  • Probefahrt durchgeführt

17.00 Uhr Feierabend (…)

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